Erbengemeinschaft auflösen So gibt es keinen Ärger in der Erbengemeinschaft

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Expertin Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Erben mehrere Personen nach dem Gesetz oder weil es so im Testament steht, bilden sie zusammen eine Erbengemeinschaft.
  • In der Erbengemeinschaft verwalten alle Erben den Nachlass gemeinsam. Keiner kann allein etwas aus dem Erbe verkaufen, vermieten, verschenken oder entsorgen.
  • Es ist sinnvoll, den Nachlass bald aufzuteilen und die Erbengemeinschaft aufzulösen. Am besten mit einem Erbauseinandersetzungsvertrag.

So gehst Du vor

  • Ermittle, was an Nachlass vorhanden ist. Um nichts zu vergessen, solltet Ihr ein Verzeichnis erstellen. Wir empfehlen dafür das digitale Nachlassverzeichnis des Erblotsen zum Preis von 39 Euro.
  • Unsere Checkliste zur Auflösung einer Erbengemeinschaft hilft Euch, die einzelnen Schritte vorzubereiten.

Checkliste Erbengemeinschaft

Gab es in Deiner Familie schon mal Streit ums Erbe? Das hat meist damit zu tun, dass mehrere Personen gemeinsam erben. Oft ist sich die Erbengemeinschaft nicht einig, wie das Erbe verteilt werden soll. Besonders schwer ist es, wenn mehrere zusammen ein Haus oder eine Wohnung erben. Wir erklären Dir Deine Rechte als Miterbe, aber auch, wie Ihr als Erbengemeinschaft gemeinsam Schritt für Schritt vorgehen könnt, um Streit zu vermeiden.

Was ist eine Erbengemeinschaft?

Eine Erbengemeinschaft besteht aus mehreren Personen, die nach dem Tod eines Menschen dessen Vermögen unter sich aufteilen müssen. Jeder kann dabei einen unterschiedlichen Anteil vom Nachlass erben. 

Beispiel: Ansgar stirbt und hinterlässt seine Frau Birte und drei Kinder. Ein Testament hat er nicht gemacht. Es entsteht nach gesetzlicher Erbfolge eine Erbengemeinschaft von vier Personen, wobei Birte die Hälfte vom Nachlass zusteht und den Kindern jeweils ein Sechstel.

Wichtig: Der gesamte Nachlass wird zunächst gemeinschaftliches Vermögen der Miterben (§ 2032 BGB). Die Erben bilden eine Gesamthandsgemeinschaft. Das bedeutet: Alle Erben haben bildlich die Hand auf dem gesamten Vermögen des Verstorbenen. Jeder einzelne wird zwar Eigentümer am Nachlass, aber nur zu einer gewissen Quote. 

Keiner der Miterben kann allein etwas aus dem Nachlass verkaufen oder verschenken, auch nicht seinen Anteil an einem Nachlassgegenstand (§ 2033 Abs. 2 BGB).

Die Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig, da sie nur kurze Zeit bestehen soll, bis das Vermögen verteilt ist. Das bedeutet: Alle Verträge, die mit dem Nachlass zusammenhängen, müssen immer alle Miterben unterschreiben, wenn nicht eine Person von allen bevollmächtigt wird. Die Gemeinschaft kann selbst weder klagen noch verklagt werden.

Eine Erbengemeinschaft kann aus zwei Gründen entstehen: Durch Testament und durch gesetzliche Erbfolge

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Das eigene Erbe zu regeln ist keine leichte Angelegenheit – und auch mit emotionalem Stress verbunden. Dabei kannst Du Deinen Nachlass meistens mit etwas Vorwissen nach Deinen Wünschen gestalten. Wie, liest Du in unserem ePaper.

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Erste Schritte in der Erbengemeinschaft

Bis der Nachlass auf die Erben verteilt ist, müssen die Miterben gemeinsam das Vermögen der verstorbenen Person verwalten und etwaige Schulden daraus begleichen.

Für die Schulden des Verstorbenen haftet die Erbengemeinschaft – also alle gemeinsam (§ 2058 BGB). Das gilt auch für die Beerdigungskosten. Die müssen alle gemeinsam zahlen, wenn der Verstorbene in seinem Testament nichts anderes geschrieben hat.

Das eigene Vermögen der Miterben ist grundsätzlich geschützt. Das bedeutet: Selbst wenn hohe Kosten oder Schulden mit dem Nachlass verbunden sind, muss der Erbe nicht sein eigenes Vermögen verwenden, um die Schulden der verstorbenen Person zu zahlen. 

Ist der gesamte Nachlass ordnungsgemäß aufgeteilt, löst sich die Erbengemeinschaft auf.

Erbengemeinschaft und Erbschein: Was ist zu beachten?

Ist klar, wer aus der Erbengemeinschaft zu welcher Quote geerbt hat, kannst Du mit den anderen Erben gemeinsam beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen

Jeder Miterbe kann den Nachweis beantragen, und zwar entweder für sich selbst oder für alle zusammen. Dazu braucht er weder eine Vollmacht noch eine Zustimmung der anderen.

Die Gebühren bei Gericht, die sich nach der Höhe des Erbes bemessen, muss der Antragsteller bezahlen. Wenn die anderen Miterben nicht mitziehen, sollte einer den Antrag stellen und versuchen, die anderen später an den Kosten zu beteiligen. In der Regel muss jeder Miterbe entsprechend seinem Erbanteil zahlen. Wer die Hälfte vom Nachlass erbt, trägt auch die Hälfte der Kosten für den Erbschein. Meist werden die Kosten direkt vom Konto der verstorbenen Person beglichen. 

Tipp: Damit nach dem Todesfall jemand auf das Konto der verstorbenen Person zugreifen kann, ist eine Kontovollmacht über den Tod hinaus sehr sinnvoll. Dann kann zum Beispiel das Beerdigungsinstitut von diesem Konto bezahlt werden. Weitere Infos dazu findest Du im Ratgeber Kontovollmacht.

Im gemeinschaftlichen Erbschein stehen der Name des Verstorbenen, der Todeszeitpunkt, die Namen der Erben und die Auflistung ihrer Erbanteile in Quoten. Jeder Erbschein enthält zudem alle Beschränkungen der Erben, sofern solche bestehen. Das kann zum Beispiel die Anordnung einer Testamentsvollstreckung sein. Weitere Informationen zum Erbschein und zu den Kosten findest Du in unserem Ratgeber Erbschein.

Erbengemeinschaft und Immobilie

Gehört ein Grundstück oder eine Immobilie zum Nachlass, können die Erben das Grundbuch berichtigen und den Verstorbenen als bisherigen Eigentümer streichen und sich dort als neue Eigentümer eintragen lassen. Denn mit dem Tod des Eigentümers treten die Erben an dessen Stelle. Das Grundbuch ist dementsprechend unrichtig. Die Berichtigung des Grundbuchs ist Pflicht (§ 82 GBO).

Will die Erbengemeinschaft die Immobilie zeitnah nach der Erbschaft verkaufen, muss das Grundbuch nicht berichtigt werden. Die Grundbuchordnung gestattet es dann, dass der Käufer direkt als Eigentümer ins Grundbuch kommt, ohne dass vorher die Erbengemeinschaft einzutragen wäre. 

Wichtig: In den ersten beiden Jahren nach dem Erbfall fallen für die Berichtigung des Grundbuchs keine Kosten an (Nr. 14110 KV GNotKG). 

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Wie vermeidest Du Streit in der Erbengemeinschaft?

Die Interessen der einzelnen Miterben können sehr unterschiedlich sein: Der eine will das Elternhaus behalten, die andere möchte es rasch verkaufen und sich nicht mehr mit der Immobilie belasten. Das kann Ärger und Streit auslösen. 

Streit kann auch dadurch entstehen, dass einer der Miterben sich übervorteilt fühlt, weil er vielleicht viel weniger geerbt hat als die Geschwister. Oder eine Miterbin hat das Gefühl, sie müsse sich um alles allein kümmern.

Interessant ist auch: Je mehr Erben sich verständigen müssen, umso mehr gegensätzliche Interessen stoßen aufeinander. Die Wahrscheinlichkeit einer gemeinsamen Lösung sinkt proportional mit der Anzahl der Erben, berichtet das Deutsche Institut für Altersvorsorge.

Verwaltung des Erbes kann schwierig sein

Die Verwaltung des Erbes kann kompliziert sein. Denn alle Mitglieder der Erbengemeinschaft müssen den Nachlass gemeinsam verwalten (§ 2038 Abs. 1 BGB).

Tipp: Hatte der Erblasser mehrere Konten, kann die Erbengemeinschaft ein eigenes Konto für die Erbengemeinschaft einrichten, um darauf das Guthaben aller Girokonten und Tagesgeldkonten zu übertragen. Das kann die Verwaltung erleichtern.

Ist eine vermietete Immobilie im Nachlass, gehört zur Verwaltung, dass sich die Erbengemeinschaft um Mietverträge kümmert. Dazu gehören auch Reparaturen, Kündigungen oder die Betriebskostenabrechnung. In der Regel überweisen die Mieter das Geld auf ein von der Erbengemeinschaft eingerichtetes Konto. Wichtig ist, dass alle Miterben für dieses Konto eine Vollmacht haben.

Tipp: Besprecht genau, wer sich aus der Erbengemeinschaft um was kümmern soll. Legt auch fest, wer dessen Vertreter ist, damit ihr das Vier-Augen-Prinzip wahrt. Das schafft Vertrauen und Transparenz. 

Wer bekommt Geld für die Verwaltung des Erbes?

Die Beteiligten können einem Miterben die Verwaltung des Nachlasses übertragen. Das setzt aber Vertrauen voraus.

Im Gesetz ist keine Vergütung für die Verwaltung einer Erbengemeinschaft vorgesehen. Dennoch entscheiden Erbengemeinschaften oft, dass derjenige, der die Verwaltung hauptsächlich übernimmt, dafür aus dem Nachlass angemessen bezahlt wird. Doch was ist angemessen? 

Zur Orientierung: Eine Notarin oder Notar bekommt für seine Arbeit als Testamentsvollstrecker nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins einen festen Anteil vom Erbe: Bei einem Gesamterbe von bis zu 300.000 Euro sind das fünf Prozent vom Nachlass, bei einem Nachlass bis 750.000 Euro werden vier Prozent vom Nachlass fällig. Ab einem Nachlass von mehr als 3,5 Millionen Euro können drei Prozent in Rechnung gestellt werden. 

Eine solche Vergütung für einen Miterben wäre in vielen Fällen deutlich zu hoch. Eine angemessene Vergütung könnte in einem Stundensatz liegen oder monatlich als pauschale Summe vereinbart werden.

Tipp: Wenn Ihr eine Lösung findet, solltet Ihr sie schriftlich festhalten. 

Mehrheitsentscheidung oder Einstimmigkeit?

Die Miterbengemeinschaft beschließt durch Stimmenmehrheit sämtliche Angelegenheiten, die zur laufenden Verwaltung des Erbes gehören (§§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB). Es genügt die Mehrheit nach der Erbquote, nicht nach Köpfen. Ein Teil der Erben kann einen Miterben also überstimmen, falls dieser bei einer Frage der Verwaltung anderer Meinung ist.

Bei besonders wichtigen Entscheidungen müssen sich aber alle Erben einig sein, wenn zum Beispiel aus dem Nachlass etwas verkauft werden soll. Schert ein Erbe aus, ist die Erbengemeinschaft nicht mehr handlungsfähig.

Zeitpunkt der Auflösung der Erbengemeinschaft 

Miterben sind sich manchmal uneins über den Zeitpunkt der Auflösung der Erbengemeinschaft. Einer will am liebsten sofort Kasse machen, ein anderer will nichts überstürzen. Sind nur Bargeld oder ein Wertpapierdepot vorhanden, lässt sich das Erbe leicht verteilen.

Bei Immobilien sieht das schon anders aus: Nicht immer haben alle Miterben dieselbe Vorstellung davon, was beispielsweise mit dem gemeinsamen Elternhaus geschehen soll. Will einer das Haus behalten und der andere möchte Bares sehen, wird erstmal gerechnet. Die Miterben sind oft unterschiedlicher Ansicht, was das Haus wert ist. Das kann Streit bedeuten und teure Gutachten über den Wert der Immobilie erforderlich machen.

Wie löst Du die Erbengemeinschaft auf?

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bezahlen die Miterben nach dem Erbfall vorhandene Schulden zügig aus dem Nachlass und lösen die Erbengemeinschaft auf, indem sie den Überschuss an Vermögen verteilen.

Die Wirklichkeit sieht oft anders aus: Erbengemeinschaften bleiben oft über Jahre ungeteilt bestehen. Dabei kann jeder Erbe die Auflösung verlangen – auch ohne wichtigen Grund. Nach einer Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge bestehen immerhin fast 30 Prozent aller Erbengemeinschaften länger als sechs Jahre.

Quelle: Deutsches Institut für Altersvorsorge (Stand: April 2023)

Am einfachsten und schnellsten ist es, wenn sich alle Erben darüber einigen, wie sie den Nachlass aufteilen wollen. Meist wird dann eine Regelung zur Erbauseinandersetzung getroffen. In einem solchen Erbauseinandersetzungsvertrag legen die Erben detailliert fest, wer abschließend was bekommen soll. 

Gehören auch Grundstücke zum Nachlass, ist es sinnvoll, die Verteilung von einem Notar beurkunden zu lassen. Dann können die Änderungen entsprechend im Grundbuch eingetragen werden.

Möglich ist auch, dass einer der Erben aus der Erbengemeinschaft im gegenseitigen Einvernehmen ausscheidet. Das nennt sich Abschichtung. In der Regel zahlen die in der Gemeinschaft verbleibenden Erben dann demjenigen, der sofort ausgezahlt werden will, eine Abfindung. 

Die Miterben sollten dazu einen Abschichtungsvertrag aufsetzen, in dem geregelt ist, in welcher Höhe die Abfindung gezahlt wird und dass die ausscheidende Person keine weiteren Pflichten und Rechte aus der Erbschaft hat.

Erbanteil verkaufen? 

Wenn keine Einigung in Sicht ist, kannst Du als Miterbe auch in Erwägung ziehen, Deinen Erbanteil zu verkaufen. Das ist möglich – und zwar nicht nur an die anderen Miterben. Du kannst Deinen Anteil auch an einen Dritten verkaufen. Es gibt spezielle Anbieter, die sich auf den Kauf von Erbanteilen spezialisiert haben wie zum Beispiel die Erbteilung GmbH.

Schritt für Schritt zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft

Diese Anleitung hilft Euch in acht Schritten, die Erbschaft fair zu verteilen:

Du kannst sie auch als Checkliste zum Abhaken einzelner Punkte hier herunterladen.

Checkliste Erbengemeinschaft

1. Ihr ermittelt den Nachlass

Bevor es etwas zu verteilen gibt, müsst Ihr feststellen, wie groß der Nachlass ist. Am besten erstellt Ihr dazu ein Nachlassverzeichnis. Darin listet Ihr alle wichtigen Gegenstände auf, die zum Nachlass gehören. 

Bei den Banken, bei denen der Verstorbene seine Konten oder Wertpapierdepots hatte, müsst Ihr die aktuellen Kontostände erfragen. Dazu braucht Ihr entweder einen Erbschein oder ein Testament mit gerichtlichem Eröffnungsprotokoll. Alternativ hat auch ein Miterbe eine Kontovollmacht über den Tod hinaus.

Auch die Schulden gehören ins Nachlassverzeichnis. Stellt Ihr fest, dass der Nachlass überschuldet ist, kann jeder Miterbe die Erbschaft ausschlagen. Mehr dazu in unserem Ratgeber Erbausschlagung.

Hat sich einer der Miterben schon zu Lebzeiten aufgrund einer Vorsorgevollmacht um das Vermögen des Erblassers gekümmert, muss er den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft Auskunft geben, wie groß das Erbe ist und wie er das Vermögen in den letzten Jahren verwaltet hat.

Selbst erstellen: Um nichts zu vergessen, könnt Ihr die ausführliche Vorlage des Oberlandesgerichts Dresden verwenden. Mit dem beschreibbaren PDF-Dokument erstellt Ihr so ohne zusätzliche Kosten Euer Nachlassverzeichnis.

  • Tool verwenden: Deutlich komfortabler ist das kostenpflichtige Tool des Erblotsen für ein digitales Nachlassverzeichnis zur Erbaufteilung. Wir haben den Anbieter getestet und für gut befunden. Als Service bekommt Ihr eine Schnellbewertung der Immobilien, die zum Nachlass gehören. Für den Ausdruck der Übersicht verlangt der Anbieter 39 Euro.
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2. Ihr bezahlt die Nachlassschulden

Nachdem Ihr das Nachlassverzeichnis erstellt habt, müsst Ihr zunächst aus dem Nachlass alle Schulden zahlen. Dazu müsst Ihr eventuell einiges aus dem Nachlass verkaufen.

3. Ihr berücksichtigt Schenkungen

Schenkungen zu Lebzeiten werden bei der Verteilung des Erbes unter Umständen berücksichtigt. Du solltest Dich bei Deinen Miterben erkundigen, ob jemand schon zu Lebzeiten Schenkungen von der verstorbenen Person bekommen hat. Jeder Erbe muss mit entsprechenden Nachweisen Auskunft erteilen, wenn er dazu gefragt wird (§ 2057 BGB).

Die Schenkungen erhöhen rechnerisch den Nachlass und werden dann von der Erbquote des Beschenkten abgezogen.

Beispiel: Christian ist Witwer. Er hat drei Kinder. Dirk, der älteste Sohn, hat schon zu Lebzeiten ein Grundstück zur Gründung eines Unternehmens im Wert von 200.000 Euro bekommen. Neben Dirk hat Christian seine älteste Tochter Elisabeth mit 100.000 Euro beim Hauskauf unterstützt. Das dritte Kind Franzi hat zu Lebzeiten nichts bekommen. Christian stirbt und hinterlässt einen Nachlass von 600.000 Euro. Er hat kein Testament geschrieben.

Die drei Kinder bilden eine Erbengemeinschaft. Die Schenkung an Dirk wird berücksichtigt, indem die 200.000 Euro für das Grundstück zum Nachlass von 600.000 Euro hinzugerechnet wird. Die Schenkung an Elisabeth erhöht den Nachlass um weitere 100.000 Euro. Somit beläuft sich der Nachlasswert auf 900.000 Euro. 

Jedem Kind steht davon ein Drittel zu, also 300.000 Euro. Franzi bekommt aus dem Nachlass 300.000 Euro. Elisabeth werden nur 200.000 Euro ausgezahlt, da die Schenkung von 100.000 Euro von ihrer Erbquote abgezogen wird. Dirk hat nur Anspruch auf 100.000 Euro, da die 200.000 Euro von seinem Drittel abgezogen werden. 

Anders werden Schenkungen an Ehegatten zu Lebzeiten berücksichtigt: Der Ehegatte des Verstorbenen muss als Miterbe nichts ausgleichen, er wird aber bei einem Ausgleich auch nicht berücksichtigt.

4. Ihr bewertet Pflegeleistungen von Miterben

Hat ein Kind den verstorbenen Elternteil gepflegt, kann es beim Erbfall von den Geschwistern dafür einen Ausgleich verlangen (§ 2057a BGB). Der Gesetzgeber will damit vorrangig die Pflegeleistungen und die besondere Mitarbeit im Haushalt oder im Unternehmen des Verstorbenen erfassen.

Der Ausgleich muss der Dauer und dem Umfang der Leistungen sowie dem Wert des Nachlasses angemessen sein. Was das genau bedeutet, ist nicht festgelegt. Ihr solltet also innerhalb der Erbengemeinschaft klären, wie Ihr diese Pflegeleistungen honoriert, für die der Miterbe noch keine Gegenleistung bekommen hat.

Beispiel: Gerrit pflegte seine pflegebedürftige Mutter 33 Monate bis zu ihrem Tod. Zunächst lebte sie noch in ihrer eigenen Wohnung, zog dann aber in die Wohnung von Gerrit. Ein ambulanter Pflegedienst unterstützte ihn morgens. Die Pflegezeit wird aus dem Nachlass vergütet. Zur Orientierung: Diese Pflegeleistungen bewertete das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein mit rund 43.000 Euro (15.06.2012, Az. 3 U 28/11).

In einem anderen Fall pflegt ein Sohn seine an Demenz erkrankte Mutter über mehrere Jahre. Das Gericht erkannte Pflegeleistungen in Höhe von 40.000 Euro an (OLG Frankfurt, 07.02.2020, Az. 3 U 28/11). Die bekam er vorab aus dem Nachlass.

5. Ihr berechnet den konkreten Anteil

Von dem so ermittelten Nachlass berechnet Ihr, was jeder Miterbe entsprechend seiner Quote vom Nachlass bekommt. 

6. Ihr verteilt teilbare Gegenstände

Alle Dinge aus dem Nachlass, die teilbar sind, solltet Ihr unter den Miterben aufteilen. Berücksichtigt dabei die jeweilige Erbquote (§ 2042 BGB). 

Geld und Wertpapiere könnt Ihr unproblematisch aufteilen. Ansonsten besprecht Ihr, wer welchen Nachlassgegenstand bekommt. Dabei solltet Ihr im Nachlassverzeichnis festhalten, welchen Wert die einzelnen Gegenstände zumindest ungefähr haben.

7. Ihr verkauft unteilbare Gegenstände

Bei einzelnen Gegenständen ist eine Teilung nicht möglich oder nicht gewünscht – zum Beispiel bei einem besonderen Kunstwerk im Nachlass. In einem solchen Fall müssen die Erben diesen Gegenstand verkaufen oder unter Umständen zwangsversteigern lassen. Der Erlös wird dann unter den Erben aufgeteilt. 

Soll einer der Miterben eine Immobilie aus dem Nachlass übernehmen, muss das notariell beurkundet werden. Bei anderen Dingen aus dem Nachlass genügt es, dass sich Erben formlos einigen und den Nachlassgegenstand übergeben.

Wollt oder müsst Ihr eine Immobilie verkaufen, müsst Ihr einen realistischen Verkaufspreis ermitteln. Könnt Ihr Euch auf keinen Preis einigen, kommt es häufig vor, dass ein Erbe die sogenannte Teilungsversteigerung beantragt (§ 180 ZVG). Bei der Versteigerung bietet dann der Erbe selbst mit oder macht dies über einen Dritten, um so das Grundstück oder Gebäude zu erwerben. Der erzielte Preis wird dann unter den Erben der Erbengemeinschaft verteilt.

8. Ihr schaltet einen Vermittler ein

Ist keine Einigung zwischen den Miterben in Sicht, kann eine Notarin oder ein Notar um Hilfe gebeten werden (§ 363 Abs. 1 FamFG). Ein solches Vermittlungsverfahren kostet allerdings. Abhängig vom Nachlasswert erhält der Notar eine sechsfache Verfahrensgebühr (Nr. 23900 KV GNotKG).

Beispiel: Vier Erben sind sich nicht einig, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll und wenden sich an ein Notariat mit der Bitte um Vermittlung. Der Nachlass beläuft sich geschätzt auf 800.000 Euro. Die Erben müssen mit zusätzlichen Kosten von 8.490 Euro rechnen. Denn eine Verfahrensgebühr beläuft sich bei dem Wert des Nachlasses auf 1.415 Euro (6 x 1.415 Euro = 8.490 Euro).

Einigen sich die Beteiligten dann immer noch nicht, muss ein Erbe auf Auseinandersetzung klagen: Er erhebt eine sogenannte Erbauseinandersetzungsklage. All das kostet Geld und schmälert das Erbe.

9. Ihr denkt an die Erbschaftssteuer 

Bei einer Erbschaft können Erbschaftsteuern anfallen, wenn die Freibeträge überschritten sind. Wichtig: Die Miterben erben zwar in einer Erbengemeinschaft gemeinsam, die Gemeinschaft selbst wird aber nicht besteuert; die Steuerpflicht trifft jeden einzelnen Miterben für seinen Anteil nach seiner individuellen Steuerklasse und nach Abzug der persönlichen Freibeträge.

Abziehen könnt Ihr vom steuerpflichtigen Nachlass die unmittelbaren Erbfallkosten. Dazu zählen:

  • Beerdigungskosten,
  • Gebühren für Testamentseröffnung,
  • Gebühren für den Erbschein,
  • Grundbuchgebühren,
  • Kosten für ein Grundstücksgutachten durch einen Sachverständigen (BFH, 09.12.2009, Az. II R 37/08),
  • Notariatsgebühren sowie
  • Ausgaben für eine anwaltliche Beratung.

So haben wir untersucht

Wir haben im März 2023 nach einer Google-Suche für „digitales Nachlassverzeichnis“, „Nachlassverzeichnis“ und „Nachlassverzeichnis online“ auf den ersten fünf Suchergebnisseiten nur einen Anbieter gefunden, der ein umfassendes, nutzerfreundliches Tool zur Erstellung anbietet, das über ein beschreibbares PDF-Dokument hinausgeht – die Heritas GmbH mit ihrem Erblotsen.

An diesen Anbieter haben wir einen umfangreichen Fragebogen zu seinem digitalen Nachlassverzeichnis geschickt. Wir wollten wissen, welche digitalen Dienstleistungen der Erblotse anbietet, welche Kosten entstehen, mit welchen Kooperationspartnern das Unternehmen zusammenarbeitet zum Beispiel bei der Immobilienbewertung. Wir haben uns nach dem Konzept für Datensicherheit und Datenschutz erkundigt, insbesondere danach, wo die personenbezogenen Daten gespeichert und welche Daten an Dritte weitergegeben werden.

Wir haben ferner einen konkreten Beispielfall eingegeben und den gesamten Nachlass inklusive Immobilie digital erfasst. Uns hat das Tool für die Erstellung eines digitalen Nachlassverzeichnisses überzeugt. Es entspricht erbschaftssteuerlichen Grundsätzen, ist vielfach einsetzbar und bietet einen plastischen Überblick über die gesamte Erbschaft und deren Aufteilung. Der Anbieter gibt gute Hinweise und Erläuterungen. Die Anwendung ist nutzerfreundlich und hilfreich. Wer das Nachlassverzeichnis zur Erbaufteilung selbst drucken möchte, zahlt dafür 39 Euro. Ein Versand per Post ist für 49 Euro möglich.

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